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Donnerstag, 19. April 2012

El Rio Madre

Kolumbien, Peru, Brasilien und Island in drei Tagen

Vom Flugzeug aus sehen wir Baumkronen so weit das Auge reicht und den majestätischen Amazonas, der sich durch den Urwald schlängelt. Es ist Regenzeit. Der Fluss steigt um 10-12 m an und setzt riesige Gebiete unter Wasser. Dies ist die Welt von Affen, Jaguars, Aras, Tapiren, rosa Delfinen und Piranhas. Die Hitze am winzigen Flughafen ist erdrückend- ähnlich wie in Cúcuta- aber dank der Jahreszeit werden in den nächsten Tagen öfters Wolken die Sonne verdecken.

Auf der Straße werden wir von einem Mann mittleren Alters angesprochen. Er sei Touristenführer und würde uns gerne sein Programm vorstellen. Letztendlich entschließen wir uns ihm zu vertrauen und zahlen ihm die Hälfte des Preises (150 000 Pesos) bar in die Hand. Nicht ganz von der Richtigkeit unserer Entscheidung überzeugt fällt uns ein Stein vom Herzen, als Carlos am nächsten Morgen mit Gummistiefeln vor dem Hostel steht. Eine 3-Tages-3-Länder-Tour beginnt.

Eine Reise in eine andere Welt.
4 km ist der Fluss in dieser Region breit (im Delta von Brasilien erreicht er an die 30 km Breite). So weit das Auge reicht am Ufer Grün. Die Fischer bauen ihre Häuser hier auf Stelzen und legen, sobald das Wasser steigt, den Fußboden höher. Es gibt schwimmende Hühnerställe, Drogerien und Werkstätten. Wie am Nil richtet sich das Leben der Menschen hier ganz nach dem „Rio Madre“ (dem Fluss Mutter). Wenn das Wasser steigt und alles für 6 Monate überschwemmt wird, lebt man hauptsächlich vom Fischen- und während der Trockenzeit können im alten Flussbett Yuca, Kartoffel und Platano angepflanzt werden. Wir erreichen nach Stunden eine Indígena (Ureinwohner) Siedlung der Yagua und schlagen uns von dort aus weiter, um die Nacht im Dschungel zu verbringen.

Aus Stämmen, Plastikplane und Hängematte entsteht unser Lager. Und bei Reis und Ei beginnt um 6 Uhr 30 (um 5:30 dämmert es bereits) die "Märchenstunde".

Die Indígena Stämme der Yagua und Tikuna glauben, dass die Delfine des Amazonas über das Natatuma (die Unterwasserwelt) herrschen. Von Zeit zu Zeit verwandelt sich ein rosa Delfin in einen Mann, mischt sich unter die Menschen bei einem Fest und entführt ein junges Mädchen ins Natatuma, wo er es in einen Delfin verwandelt. Ebenso geschieht es mit jungen Männern, die von grauen Delfinen verführt werden, die Frauengestalt annehmen können.

Kleines Wörterbuch Deutsch/ Yagua
Retima- Hallo
hademene- Mond
ni- sol
to (kurzes o)- selva
aueja tehi- Ich liebe dich!
Atjen- amigo
Natatumo- die Unterwasserwelt

Die Nacht verbringen wir hängend und den Urwaldgeräuschen lauschend während uns Mücken umschwärmen.
Nach Kaffee, Ei und Brot über dem Lagerfeuer zubereitet wandern wir am Morgen zurück zur Siedlung, wo wir uns zu Freuden aller in einem See baden können.Die Hitze beim traditionellen Mittagessen aus Fisch, Reis, Hühnchen, Salat und Maracujasaft ist unerträglich.

Die Reise geht weiter. Am Abend erreichen wir ein Gebiet der Tikuna, die auf der peruanischen Seite des Amazonas leben und ihre Häuser auf Pfählen bauen. Der Hausherr erzählt uns, dass er erst vorgestern den Fußboden (Holzplanken) hat höher legen müssen. Die Familie lebt auf circa 10x10 Metern, die sie sich jede Nacht mit Touristen teilen. Stolz erzählt er uns, dass seine Tochter in Leticia studiert, wird aber vom Rufen seines Sohnes unterbrochen, der eine junge Anakonda im Wasser hat schwimmen sehen. Kurzum wird die Machete gezückt und kurzer Prozess gemacht. Wir spannen unsere Hängematten auf und machen uns im Dunkeln auf eine letzte Suche nach Kaimanen- die leider erfolglos bleibt.
Nachts beginnt es wie aus Eimern zu gießen. Riesen Tropfen die auf das Blechdach donnern, während wir in unseren Hängematten schaukeln.
Und dann bricht auch schon der letzte Tag unsere Tour an. Auf dem Rückweg nach Leticia beobachten wir die berühmten rosa Delfine, sehen Ara- Pärchen fliegen, die sich ein Leben lang treu bleiben werden, und genießen eine atemberaubende Landschaft.

Islandia (Island)- das Venedig Perus- ist einer unserer letzten Stopps. Zu dieser Jahreszeit ist die gesamte Stadt nur über Brücken zu durchqueren. Von Haus zu Haus balanciert man auf schmalen Holzplanken. Für uns, die wir nicht daran gewöhnt sind auf so kleinem Raum auszuweichen eine kleine Herausforderung- für die Bewohner hingegen völlige Normalität- auch für eine etwa 70- jährige Dame. 

Leticia- immer noch Kolumbien und doch irgendwie ganz anders. Eine Welt, die nach einem Fluss lebt. Menschen für die der Urwald ihre Heimat ist. Tiere, die sonst nirgendwo Zuhause sind. 
Die Lunge der Welt!
Aber auch die schönsten Reisen gehen irgendwann einmal zu Ende.
Und wer weiß, vielleicht folgt eines Tages die Fortsetzung...


Markt in Leticia


Fischer

unser Nachtlager

im Dorf der Yagua


der schwimmende Supermarkt

ein kleiner Schauer
Rückweg vom See
Faultier
hinter der blauen Plastikfolie ist die Toilette
Leticia am Ufer
Mittagessen im Boot
ein schwimmender Hühnerstall
eine Stadt aus Brücken
eine Indígena zeigt uns wie die Hausdächer gemacht werden

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