Von Cúcuta nach Ubaté
Ich sitze, wie eigentlich fast jeden
Tag, in einer Panadería (Bäckerei) und trinke Kaffee.
Eine „Campesina“ (Bäuerin) kommt
auf meinen Tisch zu und bittet mich um Geld für den Bus. Schlagartig
wird mir klar, dass das was in Cúcuta alltäglich war, in Ubaté
weit weg scheint. Mit Armut wurde ich dort tagtäglich konfrontiert.
Normalität wurde das, was die Kinder dort jeden Tag erlebten und
erzählten.
Mein Leben hat sich hier, 16 Stunden
Autofahrt von meinem alten Zuhause entfernt, sehr verändert.
Von „tierra caliente“ (warmer Erde)
zu „tierra fría“(kalter Erde)- von Arepa zu heißer Schokolade
zum Frühstück...
Hier arbeite ich nun in „La Casa de
la Cultura“ (Haus der Kultur), das gratis Unterricht anbietet.
Tanz-, Theater-, Gitarren-und Klavierunterricht und seit kurzem nun
auch Englisch. Von 2 Uhr
bis 8 Uhr 30 unterrichte ich und
bereite morgens meist zwei oder drei Stunden alles vor.
Wunderbar ist die Vielfalt meiner
Schüler. Die Jüngsten sind gerade 8 Jahre alt, der Älteste circa
70. Die meisten sehr motiviert, wenn auch mit völlig
unterschiedlichem Vorkenntnissen. Den Unterricht so zu gestalten,
dass trotzdem alle mitkommen ist eine Herausforderung- Irgendwie die
Balance finden zwischen Grammatik, lesen, schreiben, Small Talk und
Spaß.
Ich genieße einfach die Menschen hier.
Ihre Offenheit, ihre Liebenswürdigkeit, ihr Interesse an allem
Neuen. Ihre Dankbarkeit dafür, dass sie die Chance bekommen Englisch
zu lernen bzw. ihr Englisch zu verbessern. Ein paar könnten sich
vielleicht einen kostenpflichtigen Englisch Kurs leisten, nur ist das
nächste Institut in Bogotá, 2 Stunden entfernt. Andere wiederum
haben ihre Schulbildung früh beendet, bedienen einen Essensstand auf
dem „Platz der Henne“ („plaza de la gallina“) oder arbeiten
im Kohleabbau. Und so sind wir eine bunte Mischung aus Menschen mit
verschiedenstem Hintergrund.
'Abril aguas mil' (April- tausend
Wasser) heißt es hier. Etliche Flüsse sind in der Region über die
Ufer getreten und haben große Gebiete überschwemmt. Viele Familien
haben auch in Ubaté ihr gesamtes Hab und Gut verloren.
Kolumbien ist, nach dem Sudan, das Land
mit den meisten internen Flüchtlingen weltweit . Und das eben nicht
nur wegen FARC und Paramilitärs, sondern auch wegen der vielen
Naturkatastrophen, die alljährlich die Bevölkerung in Atem halten.
Auch wenn das 'Valle de Ubaté' so wie
viele, viele andere Regionen friedlich ist, den Unterschied macht die
Selbstverständlichkeit mit der Wörter wie Geiselnahme oder
Flüchtlinge benutzt werden und man Soldaten mit Maschinengewehr
am Straßenrand grüßt.
Sie sind Teil der kolumbianischen
Normalität!
Ubaté von oben |
bei einem typischen "Asado" mit der Tochter meines Chefs |
Bogotá |
in der Salz-Kathedrale von Zipáquira |
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