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Montag, 30. April 2012

Ein Land- Welten entfernt (Teil 1)


Von Cúcuta nach Ubaté

Ich sitze, wie eigentlich fast jeden Tag, in einer Panadería (Bäckerei) und trinke Kaffee.
Eine „Campesina“ (Bäuerin) kommt auf meinen Tisch zu und bittet mich um Geld für den Bus. Schlagartig wird mir klar, dass das was in Cúcuta alltäglich war, in Ubaté weit weg scheint. Mit Armut wurde ich dort tagtäglich konfrontiert. Normalität wurde das, was die Kinder dort jeden Tag erlebten und erzählten.
Mein Leben hat sich hier, 16 Stunden Autofahrt von meinem alten Zuhause entfernt, sehr verändert.
Von „tierra caliente“ (warmer Erde) zu „tierra fría“(kalter Erde)- von Arepa zu heißer Schokolade zum Frühstück...

Hier arbeite ich nun in „La Casa de la Cultura“ (Haus der Kultur), das gratis Unterricht anbietet. Tanz-, Theater-, Gitarren-und Klavierunterricht und seit kurzem nun auch Englisch. Von 2 Uhr
bis 8 Uhr 30 unterrichte ich und bereite morgens meist zwei oder drei Stunden alles vor.
Wunderbar ist die Vielfalt meiner Schüler. Die Jüngsten sind gerade 8 Jahre alt, der Älteste circa 70. Die meisten sehr motiviert, wenn auch mit völlig unterschiedlichem Vorkenntnissen. Den Unterricht so zu gestalten, dass trotzdem alle mitkommen ist eine Herausforderung- Irgendwie die Balance finden zwischen Grammatik, lesen, schreiben, Small Talk und Spaß.

Ich genieße einfach die Menschen hier. Ihre Offenheit, ihre Liebenswürdigkeit, ihr Interesse an allem Neuen. Ihre Dankbarkeit dafür, dass sie die Chance bekommen Englisch zu lernen bzw. ihr Englisch zu verbessern. Ein paar könnten sich vielleicht einen kostenpflichtigen Englisch Kurs leisten, nur ist das nächste Institut in Bogotá, 2 Stunden entfernt. Andere wiederum haben ihre Schulbildung früh beendet, bedienen einen Essensstand auf dem „Platz der Henne“ („plaza de la gallina“) oder arbeiten im Kohleabbau. Und so sind wir eine bunte Mischung aus Menschen mit verschiedenstem Hintergrund.
'Abril aguas mil' (April- tausend Wasser) heißt es hier. Etliche Flüsse sind in der Region über die Ufer getreten und haben große Gebiete überschwemmt. Viele Familien haben auch in Ubaté ihr gesamtes Hab und Gut verloren.
Kolumbien ist, nach dem Sudan, das Land mit den meisten internen Flüchtlingen weltweit . Und das eben nicht nur wegen FARC und Paramilitärs, sondern auch wegen der vielen Naturkatastrophen, die alljährlich die Bevölkerung in Atem halten.

Auch wenn das 'Valle de Ubaté' so wie viele, viele andere Regionen friedlich ist, den Unterschied macht die Selbstverständlichkeit mit der Wörter wie Geiselnahme oder Flüchtlinge benutzt werden und man Soldaten mit Maschinengewehr am Straßenrand grüßt. 

Sie sind Teil der kolumbianischen Normalität!

Ubaté von oben
bei einem typischen "Asado" mit der Tochter meines Chefs

Bogotá
in der Salz-Kathedrale von Zipáquira



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