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Freitag, 23. September 2011

Wenn man sich über Wolken freut- Der Papst ist Deutscher und ein Willkommen in der kostenlosen Sauna (vor 1 Monat..)

Frühmorgens begann am Sonntag die Reise zu unseren Gastfamilien und Projekten. Unser Koordinator hatte wohl vergessen zu erwähnen, dass zu uns 15 Deutschen auch noch 15 überdimensional große Koffer kamen. Jedenfalls wurde der Minibus bis obenhin vollgepackt. Die Reise ging dann für vier unserer Gruppe von Bogotá nach Cúcuta weiter.
Im Flugzeug (wohlgemerkt voller Jugendlicher, die gerade vom Weltjugendtag in Madrid kamen) wurde ich wie selbstverständlich gefragt, ob ich katholisch oder protestantisch sei. Dies war meine erste, aber nicht letzte Erfahrung mit Religion an diesem Tag. Als ich nach dem Abendessen der Familie meine Gastgeschenke überreichte, wollte meine Gastmutter über die Fotos gebeugt wissen, wo der Papst genau herkomme. Zwar geht meine Familie hier nicht jeden Sonntag in die Kirche, aber es wird sich mit „La Bendición“ (was soviel wie Segen heißt) begrüßt. Und auch die Autos und Busse sind oft mit Sprüchen wie „dios es grande y poderoso“ beklebt.
Nun aber erstmal zu meiner Gastfamilie und Cúcuta.
Meine Gastmutter leitet Profamilia, eine Klinik, die zu der Dachorganisation Planned Parenthood gehört. Verhütung, Abtreibung, Schwangerschaft Minderjähriger, Krankheiten etc.- alles sehr schwierige Themen für eine tiefgläubige Gesellschaft. Nicht selten wird zum Beispiel eine 13/14-jährige, die vergewaltigt wurde, gezwungen das Kind zu bekommen. Und viele Schulen in kirchlicher Trägerschaft untersagen den Mitarbeitern/innen von Profamilia in den Unterricht zu kommen. Mein Gastvater arbeitet als Ingenieur von Gebäuden und Brücken und meine 15-jährige Gastschwester besucht ein kirchliches Gymnasium.
Am Montag nach unserer Ankunft stieg das Thermometer auf 42° Grad. Da hilft auch ein Ventilator im Zimmer nicht mehr viel. Nur wenige Fenster sind verglast, sonst sind die Häuser offen. Im Hinterhof befindet sich meist ein Waschtisch und eine Wäscheleine. Man duscht nur mit kaltem Wasser und das Tor vor dem Haus wird nachts immer abgeschlossen.
Meine Gastfamilie gehört zum Mittelstand. Das bedeutet in Kolumbien auch, dass sie sich eine Haushaltshilfe leisten können, die täglich zum Waschen (mit der Hand!), Kochen und Putzen kommt. So eine „Angestellte“ verdient pro Tag umgerechnet circa 5€!
Überhaupt ist der Arbeitsmarkt hier ein ganz anderer. Die Arbeitslosigkeit in Cúcuta liegt bei circa 15%, aber von den restlichen 85% arbeiten circa 40% „informell“ (ohne Sozialversicherung etc.). So zum Beispiel die zahllosen „fliegenden“ Verkäufer, die aus dem Straßenbild nicht wegzudenken sind.
Meine Gastschwester arbeitet Freitagnachmittags in einem Kindergarten für jene „vendedores ambulantes“ (Straßenverkäufer). Die Gebühren sind gering oder werden komplett erlassen, damit die Kinder nicht den ganzen Tag mit ihren Eltern auf der Straße verbringen.
In Kolumbien klafft eine riesige Schere zwischen arm und reich. Die Gesellschafft lässt sich in 6 Einkommensniveaus einteilen (6= am höchsten). Während meine Gastfamilie sich zum Niveau 4 zählt, leben circa 40% aller Kolumbianer in Armut (Niveau 1 und 2). Davon werde ich bald noch mehr zu berichten haben...


Max, Inken und ich auf dem Weg zum Flughafen

"Gott ist groß und mächtig"- an einer Busscheibe

Arepa zum Frühstück

meine Gastschwester Paula (links), meine Gastcousine Aura und ich

das Haus

mein Zimmer

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