Auch wenn das Büro von funprocep in der Innenstadt liegt, meine Hauptaufgabe besteht darin die Kinder der „círculos“ (dazu bald mehr) in verschiedenen Städten in Englisch zu unterrichten. Also sitze ich nun im Bus zu einem colegio in El Zulia.
Die Fahrt gerät immer wieder ins Stocken. Diesmal, weil in einer Nebenstraße ein Motorradfahrer verunglückt ist und eine „Gaffer-Menge“ den Weg blockiert. Das einzige Risiko hier scheint bisher wirklich der Verkehr zu sein. Über 70% der Haushalte besitzen ein Moped oder Motorrad, was sich deutlich im Straßenbild bemerkbar macht.
Ich wurde schon mehrmals gefragt, was man denn in Deutschland von Kolumbien denken würde und ich habe versucht immer ehrlich zu antworten...Dass die meisten vor allem an Drogen, Krieg, FARC und Paramilitärs denken, aber auch an Kaffee, Bananen und offene, herzliche Menschen. Das erntet meist traurige Gesichter. Worauf ich (absolut aufrichtig) beteuere, dass die vielen Vorurteile natürlich nicht der Wahrheit entsprechen.
Neben mir räuspert sich jetzt gerade ein Mann. „Deutsche?“ „Ja!“ Welch ein Zufall. Herr Rodriguez (so heißen hier gefühlt 60% aller Leute) hat im letzten Jahr an seiner Schule mit einem deutschen Freiwilligen gearbeitet. Schnell schweift das Gespräch ab zu Themen wie Familie, Beziehungen, Alltagsproblemen. Wichtige Grundregel hier: Als Deutsche/r darf man sich von der Intimität von „Smalltalk“ nicht abschrecken lassen! Von dem siebzig-jährigen fremden Sitznachbarn z.B. gefragt zu werden, ob man denn einen Freund habe, ist ganz normal.
Die Fahrt geht weiter aufs Land...verfallene Hütten, eine Kohlefabrik und ein Steinbruch. Kohle ist das erste Exportprodukt der Region und schafft viele Arbeitsplätze. Von Filtern wird hier allerdings nicht viel gehalten. Gestern war das ganze Haus voller schwarzer „Blätter“. Da war ich schon ein wenig geschockt, als meine Gastmutter mir erklärte, dass das Kohlereste von der örtlichen Fabrik seien. Ein Nachteil von Häusern ohne Glasfenster.
Die Büsche sind gedrungen, die Erde gelblich-braun und staubig. Es hat schon lange nicht mehr geregnet. Kolumbien- eins der Länder mit den größten Wasserreserven der Erde- hat auch mit dem Klimawandel zu kämpfen.
Immer wieder Häuser mit kleinen Läden, die irgendetwas verkaufen. Die Straße wird einspurig auf Grund von Bauarbeiten. Bis Dezember soll hier alles ausgebaut sein. Dann: Reisfelder und- das was ich erst für Äste hielt- Zuckerrohr! An der Exotik dieser Landschaft kann ich mich gar nicht satt sehen.
Ankunft in El Zulia und feuchte Hitze, die mich mal wieder fast erschlägt!
Ich freue mich jetzt schon auf die Dusche am Abend, aber die liegt noch in weiter Ferne!
(PS.: Meine Hypothese über den Verkehr werde ich weiterhin beobachten.)
El Zulia |
Zuckerrohr |
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