Feuerwerk auf dem Friedhof
„Feliz Navidad!“ schallt es aus den Lautsprechern auf dem Friedhof. Immer wieder wird Feuwerwerk angezündet. Es ist der „Día de las Velitas“. Der Tradition nach werden am 7. Dezember vor jedem Haus Kerzen angezündet, damit die Jungfrau Maria ihren Weg durch die Straßen findet.
Familien, die Angehörige verloren haben, fahren zum Friedhof, um das Grab mit Blumen und Lichtern zu schmücken.
Auf den Straßen ist in dieser Nacht viel los. Alle sitzen in Schaukel- oder Plastikstuhl vor dem Haus plaudern, singen oder ersetzten die erlöschenden Kerzen schnell wieder. Eine wunderschöne Atmosphäre.
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ein Grab am 7. Dez |
Schlaflos
12 Uhr nachts an einem Mittwoch- alle schlafen- fast alle!
Plötzlich Akkordeon- und Gitarrenklänge, die mich aus dem Schlaf reißen. Wenn diese „Serenata“ bei unseren direkten Nachbarn wäre, könnte man nun zumindest zuschauen, aber leider findet die Feier eine Straße weiter statt. Nach jeder Strophe wird erstmal lautstark gejubelt.
Nicht schwer sich auszumalen, was in einem solchen Fall in Deutschland passieren würde: Ruhestörung! Polizei!
Zumindest weiß ich nun, dass das Geburtstagskind Mauricio heißt.
¡Libertad!
Im November töteten die FARC vier Geiseln, die teilweise bereits 14 Jahre im Dschungel gefangen gehalten worden waren. Drei Polizisten und ein Soldat. Der Sohn einer der Männer, geboren nach der Geiselnahme, wird nun seinen Vater nie kennen lernen. Während der letzten 14 Jahren organisierte er Märsche und Demonstrationen und bat die Guerillas immer wieder seinen Vater endlich frei zu lassen. Meine Gastschwester fing im Restaurant an zu weinen, als sie die Nachrichten hörte. Ein ganzes Land war zutiefst erschüttert.
Am 6. Dezember fanden in jeder großen Stadt Kolumbiens Demonstrationen gegen FARC und Gewalt statt. 11 Polizisten und Militärs befinden sich immer noch in Gefangenschaft irgendwo im Regenwald. Die Zahl der Zivilisten kann nur geschätzt werden.
Mit meiner Spanischlehrerin Maria, meiner Gastschwester und Gastmutter gingen wir um 12 Uhr nachmittags zum Treffpunkt. Alle waren in weiß gekleidet, riefen: ¡Libertad!¡No más FARC!¡Libertad! (Freiheit! Keine FARC mehr! Freiheit!) Wir liefen zum Platz der Nationen, wo die Bürgermeisterin, ein bekannter Schauspieler und auch der Bischof eine Ansprache hielten. Die Hitze war nicht auszuhalten. Aber natürlich standen auch bei dieser Veranstaltung an jeder Ecke „vendedores ambulantes“ bereit, um Käppies und Wasser zu verkaufen. Die Zahl der Demonstranten war für eine 1 Millionen Einwohner Stadt erschreckend gering.
Alle hoffen, dass die FARC vor Heiligabend einige Geiseln frei lassen, wie es schon in früheren Jahren der Fall war. Aber nachdem das kolumbianische Militär den politischen Kopf der Guerillas, Alfonso Cano, getötet hat, scheint die Wahrscheinlichkeit gering.
Auch das ist Dezember in Kolumbien.
Kein Tropfen
Die Stadt Cúcuta, die von anderen Kolumbianern oft als „eigentlich schon Venezuela“ verspottet wird, hat es auf die Titelseite der renomiertesten Zeitung des Landes, EL TIEMPO, geschafft. Nur der Grund hierfür kann niemandem wirklich gefallen.
Wie schon einmal vor vier Jahren ist ein Rohr von Ecopetrol gebrochen, wodurch Unmengen an Öl in den Fluss Pamplonita gelangten.
Leider versorgt genau dieser Fluss die knapp 1 Millionen Einwohner Stadt.
Mindestens 15 Tage ohne Wasser- so lauten die Prognosen.
An Hydranten stehen Menschen mit Kanistern Schlange. Geduscht wird nun mit dem Eimer und mein Gastvater hat vor dem Haus einen 2000 Liter Tank aufgestellt. Gut, dass wir eine Tante mit Truck haben, die alle paar Tage mit Vorrat vorbeikommt- sonst hieße es Eimer schleppen. Ich drehe immer noch manchmal den Hahn im Bad auf, die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Aber so lernt man fließend Wasser zumindest wirklich schätzen.
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mein Gastvater montiert den 2000L Tank |
Der Geschenkmarathon
Weihnachtsgeschenke für 50 Kinder kauft man am besten nicht im Einkaufzentrum nach amerikanischem Stil, sondern im „Alejandría“- einem Inbegriff von Durcheinander. Auf 3 Etagen reiht sich Laden an Laden. Touristen verirren sich nur selten in diese Gegend!
Aber wenn man etwas sucht, findet man es hier gewiss.
Von Elektroartikeln über Dolce&Gabbana Taschen bis zu den neuesten Filmen- das Angebot ist schier endlos und günstig.
Sich in diesem Labyrinth nicht zu verirren und wenn möglich den Preis herunterzuhandeln ist eine Herausforderung.
Gemeinsam mit meiner Gastschwester suchte ich die Geschenke für die Kinder: Fuß- und Basketbälle, Puppen, Taschen, Portemonnaies, UNO, Bingo, Uhren etc.
Am Ende des Tages schlängelten wir uns mit 5 riesen Platiksäcken (unter anderem gefüllt mit 26 Bällen) durch die schmalen Gänge nach unten, um dann schließlich erleichtert ein Taxi zu rufen.
Der Countdown bis zur Weihnachtsfeier morgens am 24. hat begonnen und ich bin unglaublich gespannt auf die Gesichter der Kinder!